Über den Umgang mit sich selbst
Es ist nützlich und interessant, über dem Umgang mit andern Menschen seine eigene Gesellschaft nicht zu vernachlässigen. Die Pflichten gegen uns selbst sind die wichtigsten und ersten, und also der Umgang mit unsrer eigenen Person gewiß weder der unnützeste noch uninteressanteste...
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Gehe eben so vorsichtig, fein, redlich und gerecht mit Dir selber um als mit andern!
Willst Du aber im Umgange mit Dir Trost, Glück und Ruhe finden, so mußt Du ebenso vorsichtig, redlich, fein und gerecht mit Dir selber umgehn als mit andern, also daß Du Dich weder durch Mißhandlung erbitterst und niederdrückest, noch durch Vernachlässigung zurücksetzest, noch durch Schmeichelei verderbest.

Verzweifle nicht bei dem Bewußtsein mangelnder Vollkommenheiten, bei den Schwierigkeiten, ein großer Mann zu werden!
Verzweifle nicht, werde nicht mißmutig, wenn Du nicht die moralische oder intellektuelle Höhe erreichen kannst, auf welcher ein andrer steht, und sei nicht so unbillig, andre gute Seiten an Dir zu übersehn, die Du vielleicht vor jenem voraus haben magst...
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9) Wie man Abrechnung mit seiner Moralität halten solle.
Miß auch nicht Dein Verdienst darnach ab, daß Du sagest: »Ich bin besser als dieser und jener von gleichem Alter, Stande«, und so ferner; sondern nach den Graden Deiner Fähigkeiten, Anlagen, Erziehung und der Gelegenheit, die Du gehabt hast, weiser und besser zu werden als viele...
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Sei nicht zu sehr ein Sklave der Meinung andrer!
Was kümmert Dich am Ende das Urteil der ganzen Welt, wenn Du tust, was du sollst? Und was ist Deine ganze Garderobe von äußern Tugenden wert, wenn Du diesen Flitterputz nur über ein schwaches, niedriges Herz hängst, um in Gesellschaften Staat damit zu machen?