5) Etwas über Buchhändler, Nachdrucker und dergleichen.
Die Herrn Buchhändler verdienten wohl ein eignes Kapitel. In demselben könnte man sehr viel Wahres zum Lobe derer unter ihnen sagen, die diesen Handel nicht als einen jüdischen Erwerb treiben, so daß sie etwa wenig darum bekümmert wären, was für Bücher bei ihnen verlegt und gekauft, insofern nur Gelder daraus gelöst werden; denen es nicht gleichgültig ist, ob man sie zu Hebammen von kleinen Krüppeln und Mißgeburten braucht, ob sie zu Werkzeugen der Ausbreitung eines elenden, frivolen, falschen Geschmacks und schlechter Grundsätze dienen; sondern denen, wie unserm Nicolai, Wahrheit, Kultur und Aufklärung am Herzen liegt; die das mißkannte, im Dunkeln lebende Talent ermuntern, aus dem Staube hervorziehen, in Tätigkeit setzen und großmütig unterstützen; die den täglichen Umgang und den Verkehr mit Gelehrten und Büchern dazu anwenden, sich selber Kenntnisse zu sammeln, ihren Geist zu bilden und beßre Menschen zu werden. Und dann würde des Kontrastes wegen das Gegenbild keine üble Wirkungen machen. - Das Bild eines Mannes, der, nachdem ein halbes Jahrhundert hindurch die vortrefflichsten Werke durch seine schmutzigen, geldgierigen Finger gegangen, noch immer ebenso unwissend und dumm geblieben - außer was die kleinen Wucherkünste betrifft - als ein zehnjähriger Knabe; der Manuskripte und neue Bücher nach der Dicke, nach dem Titel und nach dem Verhältnisse schätzt und kauft, nach welchem er vermuten kann, daß ein von falschem Geschmacke irregeleitetes Publikum darnach greifen wird; der, um diesen falschen Geschmack zu unterhalten, durch unbärtige Knaben jämmerliche Broschüren, Romänchen und Märchen schreiben und unter seiner Firma in die Welt gehn läßt; der die erbärmlichste Schmiererei, deren Nichtswürdigkeit er selbst fühlt, durch einen vielversprechenden Modetitel oder durch saubre Bildlein aufgesetzt nach Frankfurt und Leipzig schleppt und für diese Lumpereien ein schändendes Lob von feilen Rezensenten erkauft; der den Mann von Talenten wie einen Taglöhner behandelt und bezahlt, von der eingeschränkten häuslichen Lage eines armen Schriftstellers Vorteil zieht, um ein Werk, das Anstrengung aller Kräfte, Nachtwachen und Aufwand von wahrer Geistesgröße erfordert hat, und womit er Tausende gewinnen kann, wie Makulatur zu erhandeln; der, so oft ihm ein Werk angeboten wird, verächtlich die Nase rümpft und den Kopf schüttelt, um desto wohlfeiler daranzukommen; der, wie unter andern unsre Karlsruher und Frankenthaler Freunde, durch Nachdruck ein Dieb an fremdem Eigentume wird. Endlich könnte ich Vorschriften geben, wie die Schriftsteller mit Buchhändlern von dieser Art umgehn sollen, um nicht ihre Sklaven zu werden; wie man sich bei ihnen Gewicht geben kann, und in welche Form man seine Geistesprodukte gießen muß, damit sie von den Sosiern unsrer Zeit in Verlag genommen werden. - Das aber sind zum Teil Zunftgeheimnisse, die unter uns großen Gelehrten nur mündlich fortgepflanzt werden und die man also nicht jedem, der bloß Leser ist, auf die Nase heften darf. Bei der ersten flüchtigen Übersicht sollte man glauben, alle Buchhändler, die nur irgend einigen Verlag hätten, müßten reich werden. Wenn man in Deutschland vierundzwanzig Millionen Einwohner annimmt und dann rechnet, daß jedes Buch tausendmal abgedruckt würde, so beträgt das auf 24 000 Menschen nur ein Exemplar - und welches Buch könnte so schlecht sein, daß nicht unter 24 000 Leuten einer Lust bekäme, es zu kaufen? Allein man wird bald andrer Meinung, wenn man die Schuldbücher der Herrn Buchhändler durchsieht; wenn man erfährt, daß sie von ihren Amtsbrüdern nicht mit Gelde, sondern mit Makulatur und Ladenhütern, von andern Käufern aber oft mit Vertröstungen bezahlt werden, daß man von der Summe jener 24 000 beinahe den ganzen Bauernstand abrechnen muß, und daß die häufigen Leihbibliotheken und Nachdruckfabriken ihnen beträchtlichen Schaden zufügen. Doch noch eine Bemerkung. Wer sich bei Buchhändlern, besonders in minder großen Städten beliebt machen will, der leihe und verleihe nicht viel Bücher und errichte keine Lesegesellschaften. Man kann es sonst wahrlich den armen Handelsmännern nicht übelnehmen, daß sie sich durch Nachdruck, kleine Künste und sparsames Honorarium an ihren Kollegen, am Publico und an den Autoren zu erholen suchen, wenn unter zwanzig Personen kaum einer ein Buch kauft, die übrigen aber umsonst mitlesen. |
Über den Umgang mit Menschen![]() Auch gut: Der neue Knigge Drittes Buch Über den Umgang mit Leuten von allerlei Ständen im bürgerlichen Leben. 5) Etwas über Buchhändler, Nachdrucker und dergleichen.
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