4) Über die Art, Wohltaten zu erzeigen, und über den Umgang mit dem, welchem man sie erwiesen.

Die Art, wie man Wohltaten erzeigt, ist oft mehr wert als die Handlung selbst. Man kann durch dieselbe den Preis jeder Gabe erhöhn, sowie von der andern Seite ihr alles Verdienst rauben. Wenig Menschen verstehen diese Kunst; es ist aber wichtig, sie zu studieren; auf edle Weise Gutes zu tun; die Delikatesse dessen zu schonen, dem wir es erzeigen; keine schwere Last von Verbindlichkeit aufzulegen; erwiesene Wohltaten weder auf feine, noch auf grobe Art vorzuwerfen; dem beschämenden Danke auszuweichen; nicht Dank zu erbetteln und dennoch dem dankbaren Herzen nicht die Gelegenheit zu rauben, sich seiner Pflicht zu entledigen. Der gibt doppelt, der gleich zu rechter Zeit, ungebeten und mit Freuden gibt. Gib gern! Es ist seliger Genuß, es ist Wohltat, geben, zur Freude andrer etwas beitragen zu dürfen. Gib also gern, aber verschwende nicht Deine Wohltaten. Sei dienstfertig, bereitwillig; aber dränge niemand Deine Dienste auf. Kalkuliere nicht, ob es erkannt und belohnt werden wird. Brauche doppelte Schonung im Umgange mit denen, welchen Du Gutes erwiesen, aus Furcht, sie möchten argwöhnen, Du wolltest Dich für Deine Mühe bezahlt machen, sie Dein Übergewicht fühlen lassen, Dir größere Freiheit gegen sie erlauben, weil sie aus Dankbarkeit schweigen müssen. Weise nicht die Bittenden von Deiner Tür zurück. Wenn Dich jemand um Rat, Hilfe, Wohltat anspricht, so höre ihm freundlich, teilnehmend und aufmerksam zu. Laß ihn ausreden, Dir seine Sache deutlich vorstellen, ohne ihm in die Rede zu fallen. Und kannst Du ihm nicht willfahren, so sage gradeheraus, ohne beleidigende Ausdrücke den Grund, warum Du es nicht kannst. Enthalte Dich aller falschen Ausflüchte, aller leeren Vertröstungen.

Hinter die Ohren schreiben >>

Über den Umgang mit Menschen


cover


Zweites Buch
Zehntes Kapitel: Über das Verhältnis zwischen Wohltätern und denen, welche Wohltaten empfangen, wie auch unter Lehrern und Schülern, Gläubigern und Schuldnern.
4) Über die Art, Wohltaten zu erzeigen, und über den Umgang mit dem, welchem man sie erwiesen.


1) Dankbarkeit für empfangene Wohltaten. Auch dann, wenn uns der Wohltäter nicht mehr nützen kann.
2) Man soll nie durch unedle Schmeichelei Wohltaten weder erringen noch vergelten. Ob erwiesene Menschenpflicht besondern Dank verdiene?
3) Grenzen der Dankbarkeit gegen schlechte Menschen.
5) Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler. Betragen gegen Personen, die sich dem Erziehungsgeschäfte widmen.
6) Über das Betragen gegen Schuldner und Gläubiger.

nbsp; nbsp; nbsp;Besuchen Sie auch Klassiker-der-Weltliteratur.de!