9) Sei in der großen Welt zuversichtlich frei und mache Dich gelten, doch ohne Unverschämtheit und Prahlerei!
In der großen Welt ist der oben entwickelte Grundsatz vorzüglich nicht außer Augen zu lassen, nämlich daß jedermann nur so viel gilt, als er sich selbst gelten macht. Man zeige sich also frei, zuversichtlich, seiner Sache gewiß. Man lasse die Leute nicht einmal ahnen, daß es möglich wäre, man könne uns zurücksetzen, sich unsers Umgangs schämen, in unsrer Gesellschaft Langeweile haben. Hofleute und ihresgleichen pflegen die Grade ihrer Höflichkeit und Aufmerksamkeit gegen uns darnach abzumessen, in welcher äußern Achtung wir in den vornehmen Zirkeln stehen. Man mache sich also da gelten, mache sich eine gewisse Aisance eigen, die man nur durch Übung erlernt, die sehr unterschieden von Unverschämtheit, Zudringlichkeit und Prahlerei ist und die vorzüglich in einem ruhigen, leidenschaftsfreien, anständigen, gleichmütigen Betragen, das planlos und ohne Forderungen zu sein scheint, besteht, und zu welchem man nie gelangt, wenn unsre Eitelkeit allerorten Glanz sucht und wenn im Grunde des Herzens unser eigener Beifall uns nicht mehr wert ist als die Bewunderung, womit leere Köpfe uns beehren.
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