7) Man soll sich von ihnen zu unedeln und gefährlichen Diensten nicht mißbrauchen, sich in keine bedenklichen Händel ziehn noch gewisse Dinge vertraun lassen.
Auch lasse man sich von den Erdengöttern nicht nur zu keinen unedeln Geschäften mißbrauchen, sondern sei auch vorsichtig in allen Diensten, welche man ihnen erweist. Sie machen leicht aus jeder Gefälligkeit eine Pflicht und halten es nachher für Verabsäumung unsrer Schuldigkeit, wenn wir zu einer andern Zeit uns nicht grade aufgelegt zeigen, uns eben also preiszugeben. Wenigstens vergessen sie leicht, was man für sie getan hat. Es bat mich einmal der *** von ***, der sonst in der Tat viel gute Eigenschaften hatte, ihm ein paar Aufsätze in französischer und deutscher Sprache zu verfassen, die er bei einer gewissen Gelegenheit öffentlich vorlesen wollte, um die Gemüter zu lenken. »Es fehlt mir an Zeit, mein Lieber!« sagte er, »sonst würde ich Sie nicht bemühn; doch, Sie sind auch in dergleichen Arbeiten geübter als ich.« Ich wendete einige Stunden Fleiß und Anstrengung daran, und als ich ihm das Ganze brachte, drückte er mich an seine Brust, dankte mir unter vier Augen in den zärtlichsten, herablassendsten Ausdrücken dafür und schwur sehr übertrieben: meine Arbeit sei ein Meisterstück von Beredsamkeit. Kurz, er gebärdete sich, als wenn ich ihm den wichtigsten Dienst geleistet hätte, bat mich aber, die Sache zu verschweigen, welches ich auch tat. Nach ein paar Jahren kam ich des Morgens in *** zu ihm. Er erzählte mir allerlei zu seinem eigenen Lobe - ich hörte demütig zu. - »Und das alles«, fuhr er fort, »habe ich durch ein paar Memoires bewirkt, die mir, ohne mich zu rühmen, nicht übel geraten sind. Sie sollen sie selbst lesen. Nehmen Sie sie mit sich nach Hause!« Er überreichte mir darauf meine eigne Geistesware, nur von seiner Hand geschrieben, und ich steckte sie ein, legte aber zu Hause meine Konzepte dazu und schickte ihm dann die Papiere zurück. Er wurde ein wenig beschämt, und wir scherzten nachher darüber. - Allein so sind auch die Besten unter ihnen. Vor allen Dingen hüte man sich, von ihnen in gefährliche Händel gezogen zu werden. Sehr gern pflegen sie das zu tun und schieben dann entweder die Schuld auf uns, wenn die Unternehmung nicht gelingt, oder lassen uns gar darin stecken und alles Ungemach allein auf uns fallen, wenn die Sache schiefgeht. Auch von letzterer Art habe ich in den Jahren meiner unvorsichtigen Jugend Erfahrungen gemacht, wovon indessen die Erzählung hier um so weniger Platz finden kann, da ich mir fest vorgesetzt habe, keine Anekdote einzumischen, wobei eigentlich irgend jemandes Charakter in ein schlechtes Licht gesetzt würde. Kurz, man lasse sich ihre Geheimnisse nicht mitteilen. Sie schonen des Mannes, der um ihre Heimlichkeiten weiß, nur so lange, als sie seiner unumgänglich bedürfen; aber sich fürchten ihn und suchen sich von ihm loszumachen, sobald sie können, möchte man ihnen auch noch so deutlich zeigen, daß man unfähig ist, dies Übergewicht und ihr Zutrauen zu mißbrauchen. |
Über den Umgang mit Menschen![]() Auch gut: Der neue Knigge Drittes Buch 7) Man soll sich von ihnen zu unedeln und gefährlichen Diensten nicht mißbrauchen, sich in keine bedenklichen Händel ziehn noch gewisse Dinge vertraun lassen. 1) Charakter der mehrsten Großen und Reichen. 2) Unterschied im Umgange mit ihnen, je nachdem man von ihnen abhängt, ihrer bedarf oder nicht. 3) Man soll sich den Vornehmern und Reichern auf keine Weise aufdrängen. 4) Man muß sich nicht das Ansehn geben, als gehörte man zu der Klasse der Vornehmen oder lebte mit ihnen in der engsten Vertraulichkeit, noch ihre Gewohnheiten oder gar ihre Fehler sich eigen machen. 5) Man baue nicht auf alle freundlichen Blicke der Großen und lasse sich da durch nie bewegen, sich mit ihnen gemein zu machen! 6) Grenzen der Gefälligkeit gegen solche Großen, in deren Händen unser bürgerliches Glück ist. 8) Über die Dankbarkeit der Vornehmen und Reichen. Man soll ihnen nichts aufopfern, nichts schenken, nichts leihen, von ihnen nichts borgen. 9) Trage nichts dazu bei, sie und die Ihrigen noch mehr zu verderben, weder durch Schmeichelei noch auf andre Art! 10) Überhaupt soll man bei ihnen vorsichtig im Reden sein und sich aller Medisance enthalten, übrigens aber sie angenehm zu unterhalten suchen. 11) Vorsichtigkeitsregeln in Ansehung solcher Vertraulichkeit mit andern Menschen, woraus Fürsten und Vornehme Verdacht schöpfen können. 12) Rede mit den Großen der Erde nicht von Deinen häuslichen Umständen! Klage ihnen nicht Dein Leid! Vertraue ihnen nichts! Suche ihnen zu zeigen, daß Du ihrer nicht bedarfst! Mache Dich vielmehr ihnen notwendig! 13) Aber hüte Dich, sie Dein Übergewicht fühlen zu lassen, sie zu verdunkeln, besonders Deine Vorgesetzten! 14) Über kleine unschädliche Gefälligkeiten gegen die Großen. Über ihre Liebhabereien und ihren Hang zum Reisen. 15) Betragen, wenn Vornehme und Reiche um Rat fragen. 16) Alle diese Vorsichtigkeitsregeln werden doppelt wichtig im Umgange mit vornehmen Dummköpfen. 17) Betragen, wenn man der Liebling eines Erdengötzen ist. 18) Aufführung gegen einen gestürzten Großen. 19) Über die Almosen der Großen. 20) Nicht alle Großen der Erde haben die Fehler ihres Standes. Es gibt edle, gute Menschen unter ihnen. 2l) Noch etwas über den Umgang der Großen und Reichen untereinander. 22) Spöttle nicht über das Kleine an kleinen Höfen! |
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