16) Ist es besser, daß der Mann klüger sei als das Weib, oder umgekehrt?
Ist es nötig, daß der Mann klüger sei als die Frau? - Das ist wiederum eine nicht unwichtige Frage; wir wollen sie näher beleuchten. Der Begriff von Klugheit und Vernunft wird mit allen seinen Relationen und Modifikationen nicht immer auf einerlei Art verstanden. Die Klugheit eines Mannes soll wohl von ganz andrer Art sein als die, welche man von einer Frau verlangt; und wenn nun vollends Klugheit mit Welterfahrung oder gar mit Gelehrsamkeit verwechselt wird, so wäre es Unsinn, von diesen bei einem Geschlechte soviel als bei dem andern voraussetzen zu wollen. Ich fordre daher von einem Frauenzimmer einen esprit de détail, eine Feinheit, unschuldige Verschlagenheit, Behutsamkeit, einen Witz, ein Dulden, eine Nachgiebigkeit und Geduld - lauter Stücke, die doch auch zur Klugheit gehören! - welche in dem Grade nicht immer das Eigentum des männlichen Charakters sind. Dagegen erwarte ich, daß der Mann zuvorschauender, gefaßter bei allen Vorfällen, fester, unerschütterlicher, weniger den Vorurteilen unterworfen, ausdauernder und gebildeter sei als das Weib. Jene Frage aber war in allgemeinem Sinne zu verstehn, nämlich also: Wenn einer von beiden Teilen schwach, stumpf von Organen und unwissend in manchen zum Weltleben nötigen Kenntnissen sein sollte, würde es da besser sein, daß der Mann oder daß die Frau der schwächere Teil wäre? - Ich antworte ohne Anstand: Noch habe ich nie eine glückliche und weise geordnete Haushaltung gesehn, in welcher die Frau die entschiedene Alleinherrschaft gehabt hätte. Es geht in einem Hause, wo ein Mann von mittelmäßigen Fähigkeiten das Regiment führt, größtenteils immer noch besser her als in einem, wo eine kluge Frau ausschließlich Herr ist. Es kann vielleicht Ausnahmen davon geben; allein ich kenne deren keine. Es versteht sich aber, daß hier nicht von der feinern Herrschaft über das Herz eines edeln Gatten die Rede ist; wer wird diese nicht gern einem klugen Weibe einräumen, welcher verständige Mann wird nicht fühlen, daß er oft sanfter Zurechtweisung bedarf? Jene ausschließliche Herrschaft hingegen scheint der Bestimmung der Natur zuwider. Schwächrer Körperbau; eingepflanzte Neigung zu weniger dauerhaften Freuden; Launen aller Art, die den Verstand oft in den entscheidensten Augenblicken fesseln; Erziehung und endlich bürgerliche Verfassung, welche die Verantwortung des Hausregiments allein auf den Mann wälzt; das alles bestimmt laut die Gattin, Schutz zu suchen, und legt dem Gatten die Pflicht auf zu schützen. Nun ist aber doch nichts lächerlicher, als wenn der Weisere und Stärkere Schutz suchen soll bei dem Toren und Schwachen. Frauenzimmer von vorzüglichen Geistesgaben handeln daher wahrlich gegen ihren eigenen Vorteil und bereiten sich unangenehme Aussichten, wenn sie aus Herrschsucht sich dumme Männer wünschen oder wählen; die sichern Folgen davon sind Überdruß, verwirrte Haushaltung und Verachtung des Publikums für einen von beiden Teilen, und das heißt ja für beide Teile. Männer aber, die so unmündig am Geiste sind, daß sie die Rolle eines Hausvaters nicht gehörig zu spielen, nicht Herrn in ihrem Hause zu sein vermögen, tun besser, Hagestolze zu bleiben und sich ein Plätzchen in einem Hospital oder eine Präbende zu kaufen, als daß sie sich vor Kindern, Hausgesinde und Nachbarn lächerlich machen. Ich habe einen schwachen Fürsten gekannt, dessen Gemahlin so unumschränkte Gebieterin über ihn war, daß, als sie einst bestellt hatte, auszufahren, der Fürst hinunter in den Schloßhof schlich und den Kutscher, welcher da hielt, leise fragte: »Wisset Ihr nicht, ob ich mitfahre?« Das macht solche Ehemänner zum Gespötte, und niemand mag Geschäfte mit einem Manne treiben, dessen Willen, dessen Freundschaft und dessen Art irgendeinen Gegenstand anzusehn, von den Launen, Winken und Zurechtweisungen seiner Frau abhängt, der seine Briefe erst seiner Hofmeisterin zur Durchsicht vorlegen und über die wichtigsten, geheimsten Angelegenheiten erst Instruktion bei dem Bratenwender holen muß. Sogar in der Höflichkeit gegen die Ehefrau soll der Mann seine Würde nicht verleugnen. Verächtlich ist selbst den Weibern ein Mann, der, bevor er sich zu etwas entschließt, erst jedesmal sagt: »Ich will es mit meiner Frau überlegen«, der ihr immer das Mäntelchen nachträgt, sich nicht untersteht, in eine Gesellschaft zu gehn, wo sie nicht ist, oder der seine treuesten Bedienten abschaffen muß, wenn Madame ihre Gesichtsbildung nicht vertragen kann. |
Zweites Buch Drittes Kapitel: Von dem Umgange unter Eheleuten. 16) Ist es besser, daß der Mann klüger sei als das Weib, oder umgekehrt? 1) Gute Wahl der Gatten ist das sicherste Mittel zu künftigem Eheglücke, und das Gegenteil hat traurige Folgen. 2) Warum so manche in der Jugend mit sehr wenig Überlegung geschlossene Ehen dennoch glücklich ausfallen? 3) Ob vollkommene Gleichheit in Temperamenten und Denkungsart zu einer glücklichen Ehe notwendig sei? 4) Vorschriften, welche man beobachten soll, um sich einander immer neu, angenehm und wert zu bleiben. 5) Hauptregel: Erfülle sorgsam jede Deiner Pflichten! 6) Wie wir uns zu verhalten haben, wenn die liebenswürdigen Eigenschaften fremder Personen zu lebhafte Eindrücke auf unsre Ehegenossen machen. 7) Wie man sich gegen solche Eindrücke wappnen solle, besonders gegen die feinern Koketten; in der Jugend; im reifern Alter. 8) Eheliche Pflicht schließt aber nicht alle zärtlichen Empfindungen für andre Personen aus. 9) Man soll voneinander auch nicht Aufopferung alles eigenen Geschmacks, aller andern unschuldigen Neigungen verlangen, sich aber nach und nach in gleiche Stimmung zu setzen suchen. 10) Wie man wirkliche Ausschweifungen vermeiden solle? 11) Ob man Geheimnisse voreinander haben dürfe? 12) Jeder Ehegenosse soll seine angewiesenen Geschäfte haben. 13) Wie es mit Verwaltung der Kassen zu halten? 14) Wie aber, wenn ein Teil die Verschwendung liebt? Häusliche Sparsamkeit ist ein Mittel zum Eheglücke. 15) Ist es besser, daß der Mann oder daß die Frau reich sei? Ersteres! warum? Betragen gegen eine reiche Frau. 17) Oh man seiner Gattin sein Unglück klagen dürfe? Verhalten in wirklichen Unglücksfallen. 18) Betragen bei gar zu großer Ungleichheit der Denkungsart. 19) Wie man sich verhalten solle, wenn das Schicksal uns mit einer unmoralischen lasterhaften Person auf ewig verbunden hat. 20) Leide nicht, daß Fremde sich in Deine häuslichen Geschäfte mischen! Etwas über böse alte Schwiegermütter. 21) Über Verletzung ehelicher Treue und Ehescheidung. 22) Ob diese Regeln auch anwendbar auf die Ehen unter sehr vornehmen und sehr reichen Leuten sind.
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